In dieser Folge geht es um eine Auftrittsfalle, die weit weit verbreitet ist: gut sein wollen. Wer will nicht, dass sein Vortrag ein voller Erfolg wird? Dass das Ergebnis stimmt? Dass es ein klasse Auftritt wird?
Diese Wünsche sind aber eine Falle. Es ist nämlich leider oft so, dass 'gut sein wollen' dich in Wahrheit am gut sein hindert.
Wieso das so ist und was du dagegen tun kannst, das erfährst du hier:
In dieser Folge erfährst du:
- Wieso gut sein wollen, dich am gut sein hindert
- meine Tipps, den Wunsch 'gut sein wollen' frei zu geben
- Wann ein guter Moment ist 'gut sein zu wollen' (und wann ein ganz schlechter)
- wie dein Körper dir beim 'gut sein' helfen kann
- welche Fragen, du dir vor einer Präsentation unbedingt stellen solltest
Die Shownotes zur Folge:
Buchtipp: Dr. Michael Bohne "Klopfen gegen Lampenfieber"
Für Leseliebhaber - die ganze Folge zum Nachlesen:
Wieso gut sein wollen eine Falle ist - und was du dagegen tun kannst
Hallo, willkommen und schön, dass du da bist!
Geht’s dir auch so?
Willst du bei deinen Vorträgen, Präsentationen und Sprechauftritten richtig gut sein? Sollen dich die anderen gut finden? Du willst dass dein Auftritt ein richtiger Erfolg wird?
Dann geht es dir so wie einem meiner Klienten, mit dem ich im Januar zusammenarbeitete. Er hatte einen Vortrag vor sich. So war der Rahmen:
- Er konnte sein Fach- und Lieblingsthema auf die Bühne bringen
- Es wurden ca. 800-1000 Zuschauer erwartet.
- Der Vortrag fand in seiner Heimatregion statt.
Es ging ihm um was. Da saßen also nicht nur ne Menge Leute im Publikum sondern auch welche, die er aus ganz verschiedenen Zusammenhängen kannte – und die er auch zukünftig immer wieder sehen wird. Der Auftritt war ihm also richtig wichtig.
„Was willst du?“, fragte ich. „Was ist dein Ziel?“
„Richtig gut sein.“, war die Antwort.
„Verständlich.“, sagte ich. „Lass es dennoch los. Es hindert dich am gut sein.“
„Ok.“, sagte er, „aber wie?“
Genau darum soll es heute gehen – er ist nämlich nicht der einzige, dem es so geht. 😉
Im Gegenteil es ist eine sehr typische Auftrittsfalle und ein Fehler bei Präsentationen, die vermutlich jeder zweite Präsentator begeht. Auch ich kenne das.
Daher lass mich heute zwei Sachen mit dir klären
1. Wieso gut sein wollen, dich am gut sein hindert
und
2. Was du gegen das gut sein wollen tun kannst
1. Wieso gut sein wollen, dich am gut sein hindert
"Ok. Was ist denn nun so schlimm daran, gut sein zu wollen, Steffi?", wirst du dich vielleicht fragen. Ist doch irgendwie menschlich!
Und ja, es ist irgendwie normal! Du leidest nicht allein daran. Im Auftrittscoaching ist das eine der am häufigsten genannten Fallen.
Nun, es hat etwas mit deinem Aufmerksamkeitsfokus zu tun.
Es ist ok, VOR einer Präsentation an das Ergebnis zu denken. Ab und an. Nicht immer. Und es ist absolut ok, gut sein zu wollen. ABER:
WÄHREND der Präsentation solltest du nie an das Ergebnis denken. Sonst bist zu gedanklich in der Zukunft und nicht im Moment, nicht auf der Bühne präsent.
Gleichzeitig ist es generell schwierig, gut sein zu wollen. Wenn du an ein Ergebnis denkst - in diesem Fall 'gut sein' – dann bist du in einer Erwartungshaltung. Wenn alles gut läuft, super. Was aber, wenn ein Teilnehmer oder der Veranstalter danach einen kritischen Punkt anspricht? Was, wenn Teilnehmer während des Vortrages rausgehen? Was, wenn es eben nicht so gut läuft?
Das bringt uns zur ersten Frage: Woran erkennst du, dass du richtig gut bist?
Kommen Antworten wie: ich bin im Flow, mit fallen viele Stories und witzige Beispiele ein. Dann ist alles im grünen Bereich.
Wenn aber Antworten kommen wie: Das Publikum ist begeistert. Sie klatschen. Sie lachen über meine Anekdoten. Das ist dann schwierig.
Denn damit hast du eine Erwartungshaltung an Andere. Und das, lieber Hörer, liebe Hörerin, macht dich anhängig. Das Publikum bekommt von dir Macht zugespielt. Ein bisschen als gibst du denen ne Fernbedienung für dein Wohlgefühl in die Hand.
Finden die meinen Vortrag gut, geht es mir gut. Finden, die ihn doof, dann geht es mir schlecht.
Darin liegt die Gefahr. Wenn sie lachen, bist du gut. Wenn nicht, dann nicht?
Ich glaube so einfach ist es eben nicht.
Was ich dir sagen will: Das mit dem 'gut sein' ist komplex.
Es ist wie einen Samen zu pflanzen. Du kannst ihn säen, gießen, harken, düngen. Aber am Besten du lässt ihn auch in Ruhe und schaust nicht jeden Tag in der Erde nach, ob er schon keimt.
Geht er auf? Vielleicht. Vielleicht nicht.
Das hängt von vielen Faktoren ab. Von Sonne, Regen, Frost. Und einem Quäntchen Glück vielleicht auch!
Es liegt nicht alles in unserer Hand. Auch wenn manche Lehren es uns weismachen wollen.
Du kannst deine 100 % geben. Aber für den anderen Teil bist du nicht verantwortlich.
Wenn dein Aufmerksamkeitsfokus im Ergebnis ist, dann bist du nicht präsent in der Gegenwart. Nicht im Prozess sondern im Ziel. Wir verlieren die Freude am Tun, an der Tätigkeit selbst, zum Beispiel eben am Gießen, Erde lockern usw.
Wir wirken auf der Bühne dann nicht frisch, präsent, wach, sondern routiniert.
Meist haben wir auch eine Idee davon im Kopf, was gut sein bedeutet. Und die Frage ist: wenn mir ein Fehler passiert. Ganz simpel: du versprichst dich. Wie gehst du damit um? Passt das zu deiner Idee von 'gut sein'?
Erfahrungsgemäß nein: Wenn wir den Fokus 'gut sein wollen' haben, sind wir meist nicht milde und freundlich mit uns. Und wenn es dann doch passiert, wir innerlich mit uns schimpfen und uns kritisieren statt einfach im Vortrag weiterzumachen, verlieren wir im besten Falle Präsenz und Freude. Im schlechtesten geraten wir dadurch in eine Schleife von Versprechern, die bis zu einer Blockade führen können.
Und dann hab ich noch einen generellen Gedanken für dich. Vielleicht sogar einen philosophischen.
Was heißt das denn genau, das gut sein wollen? Das solltest du für dich klären. Wenn du vor einer Gruppe von 100 Menschen sprichst, und einer findet dich bzw. dein Thema toll, bewegend, mitreißend. Ist das gut sein?
Oder das gleiche Szenario. Aber diesmal finden dich 99 Leute, toll, bewegend, mitreißend.
Bist du im ersten Fall nicht genauso gut als im zweiten?
Die Gefahr liegt in der Bewertung. Und sollte es nicht toll sein, wenn du nur einen einzigen Menschen bewegst?
Ja, das ist in Businesskreisen schwer und eine gewagte These. In einer Gesellschaft, wo Business mit höher, schneller, weiter gedacht wird, da kann man sich schon mal mit Leistungsorientierung „infizieren“. Aber gut sein wollen, ist das an Zahlen und äußeren Fakten messbar?
Was denkst du dazu? Schreib es mir gern an info@steffischwarzack.de
Hier nun aber meine Lösungen für dich!
2. Was du tun kannst, wenn du dich am Gedanken 'gut sein wollen' infiziert hast
1. Bereite dich ausreichend gut vor.
Die Betonung liegt auf AUSREICHEND gut. Es geht bewusst nicht um Perfektion. Die ist eh eine Illusion. Und ziemlich lähmend. Denn angesichts von Perfektion kommen wir alle immer nur mit einem Mangel weg. Also bereite dich ausreichend gut vor.
Für alle Menschen mit inneren Antreiber namens „Sei Perfekt“ heißt das übrigens: 80 %. Wenn du das Gefühl hast, du bist zu 80 % vorbereitet. Dann lass es sein.
Präsentieren hat etwas mit Präsenz zu tun. Im Moment sein. Dass sind die anderen 100 %, die du dann auf jeden Fall geben kannst. Vorbereitung ja. Aber irgendwann muss auch Schluss sein.
2. Kläre dein Ziel.
Und wenn es lautet 'gut sein wollen', dann kläre, woran genau erkennst du, dass du gut gewesen bist? Liegt das in deiner Hand? Dann los, an die Arbeit! Liegt es an den Anderen, an glücklichen Umständen oder sonstigen äußeren Komponenten, die nicht in deiner Macht liegen? Dann loslassen und all die anderen Punkte hier auf der Liste umsetzen! :)
3. Gib dir die Erlaubnis zu scheitern.
Ja, du darfst Fehler machen. Ja, es wird dem Ego weh tun. Aber ja, du wirst es überleben! Das solltest du dir klar machen. Und generell überdenken, wie du eigentlich mit Fehlern umgehst und zukünftig umgehen willst. Manchmal ist so ein Fehler, das beste was dir passieren konnte. Weil dich jemand im Publikum so sympathisch fand oder oder oder …
4. Fokussiere dich 100 % auf das Hier und Jetzt!
Das ist mit Abstand die wichtigste wichtigste wichtigste Lösung!!! Eine radikale Fokussierung auf die Gegenwart. Mein Ausbilder Dr. Michael Bohne schreibt in seinem Buch „Klopfen gegen Lampenfieber“ den Spruch: Ich! Jetzt! Hier!
Damit das funktioniert, solltest du kurz vor dem Vortrag so physisch wie nur möglich werden. Mach deinen Körper wach. Bring dich in eine hohe wache fokussierte Energie. Ob du das mit Liegestützen, Kniebeugen, Tanzen oder Küssen machst, ist deine Entscheidung. ;) Probiere es aus.
Und während du dann sprichst, sei auch da im Moment. Lege deinen Aufmerksamkeitsfokus auf dein Tun: Sprechen, Formulieren, durch den Raum laufen. Was auch immer du tust. Dann hast du normalerweise kaum Gehirnkapazität frei für Fragen wie, ob du gerade gut bist oder nicht.
Das entspricht auch einer der Weisheiten des Improtheaters. Dort heißt es: "Be in the moment!" oder "Be here now!" (da gibt es übrigens noch ein paar weitere Weisheiten, die uns für jegliche Auftritt und das Leben generell nützen, weswegen die kommende Folge davon handelt.)
5. Gib Gutes!
Ändere deine Perspektive! Statt dich zu fragen: wie kann ich gut sein? Frage dich:
Was kann ich meinem Publikum Gutes geben? Welche Veränderung will ich bringen?: Das verschiebt den Aufmerksamkeitsfokus und hilft excellent, um aus der mentalen Fallen 'gut sein wollen' auszusteigen.
So, ich fass diese Dinge nochmal zusammen:
- Bereite dich ausreichend gut vor.
- Kläre, was gut sein, für dich konkret heißt.
- Gib dir die Erlaubnis zu scheitern und Fehler zu machen.
- Sei präsent. Hier. Jetzt.
- Gib deinem Publikum Gutes.
Probier es mal aus! Und wenn du weitere Anregungen hast, schreib sie mir – ich ergänze sie in meiner Arbeit und im Blogpost gern!
Schließen möchte ich meine Gedanken mit diesem Zitat der spanisch-amerikanische Kulturantropologin Angeles Arrien. Sie schreibt:
„Four rules for life:
Show up
Pay attention
Tell the truth
Don’t be attached tot he results"
Für mich heißt das für unser Thema heute:
Sei präsent in deinem Tun
Sei bei deinem Publikum mit deinem Fokus (statt bei deinem Erfolg)
Sei ehrlich, auch was deine Fehler betrifft
Hänge nicht an den Ergebnissen.
Ich wünsche dir einfach ganz viel Freude bei deinen Auftritten und die Freiheit, die Ergebnisse loszulassen und offen zu bleiben für das, was kommt, und für die Pflanze, die wachsen mag. Wann auch immer der Samen, die Erde durchbricht.
Voraussetzung ist immer: zeig dich und sprich!
In diesem Sinne! Bis zum nächsten Mal!
Deine Steffi
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