Hast du manchmal das Gefühl, die Anderen halten dich für viiieel besser als du bist?
Komplimente kannst du nicht gut annehmen, Erfolge wenig feiern?
Dann zählst du möglicherweise auch zu den Menschen, die vom sogenannten Hochstapler-Syndrom betroffen sind. Was das ist und was du dagegen tun kannst, erfährst du hier.
Hier die Episode zum Anhören:
Stell dir vor, hinter dir liegt eine wirklich wichtige Präsentation oder ein Webinar.
Danach kommt ein Zuhörer auf dich zu. Er lobt dich in den höchsten Tönen. Er sagt: „Du hast total toll referiert. Alle konntest du überzeugen. Du bist so gut in dem, was du tust.“
Vielleicht sagst du „Danke“. Vielleicht aber eher so was wie „ach, so toll, war das nun auch nicht.“ Oder „Das geht sicher noch besser.“
V.a. aber denkst du: „Ich? Redet der von mir? Ich, die seit Tagen kein Auge mehr zumacht wegen dieser Präsentation? Ich hab doch nur Glück gehabt.“
Wenn dir diese Gedanken vertraut vorkommen, dann bist du vielleicht vom Hochstapler-Syndrom betroffen. Auf jeden Fall ist da ’ne Menge Mindfuck im Kopf, der die eigene Performance beim präsentieren und für die Sichtbarkeit beeinflusst. Daher schauen wir uns mal an, was das ist und was man dagegen tun kann.
Diese Episode ist Teil 2 von 4 Teilen rund um die Themen Lampenfieber, Nervosität und das richtige Mindset für deine Sichtbarkeit. (Teil 1 findest du hier.)
Mit diesem Teil möchte ich einen weiteren Stein mit dir zusammen aus dem Weg räumen, der sich von deinem Sichtbarsein und deiner Präsenz abhält.
Im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit – also vor genau 10 Jahren – war ein Trainingsprojekt ausgeschrieben.
Eine Stiftung suchte für ein Projekt deutschlandweit Trainer. 100 oder gar 200 hatten sich da beworben. Ich war Ende 20 und noch frisch in der Szene unterwegs. Aber offensichtlich kannte ich mich gut genug mit schriftlichen Präsentationen aus und wurde zum Bewerbungsgespräch geladen. Um es kurz zu machen: Die Jury hat mich damals als eine von 7-8 Trainern ausgewählt. Ganz ehrlich, sage ich dir heute:
Die Auswahljury war von mir überzeugter als ich es in mir drinnen war.
Außen hat das keiner bemerkt. Aber innen war es für mich deutlich spürbar.
Wir acht Trainer wurden dann in einer Art „Train the trainer“-Workshop geschult und das Projekt ging los. Das Problem dabei: Ich hatte die ersten Monate immer die Befürchtung „oh, nein, die werden merken, dass ich gar nicht so gut bin.“
Aus jetziger Sicht kann ich dir sagen. War ich auch nicht. Nicht SO gut – aber, und jetzt kommt es, gut genug war ich schon. 😉
Meine echte Performance stand also im Widerspruch zu meinem Fühlen. Außen war ich der starke Löwe und innen die kleine scheue Katze.
Damit war und bin ich nicht alleine auf der Welt und es gibt dafür sogar einen wissenschaftlichen Namen: das Hochstapler-Syndrom, oder Impostor-Syndrom.
Das klingt irgendwie krank. Finde ich auch. Doch keine Sorge. Die meisten, so schreiben die Wissenschaftler, sind NICHT psychisch krank, sondern in der Regel völlig „normal“. Kets de Vries (2009) kommt 2009 in einer Studie sogar zu dem Ergebnis, dass fast jeder zweite Erwachsene im Lauf seines Lebens einmal am Hochstaplersyndrom leidet. Viele Menschen aus allen Berufsgruppen seien betroffen, auch oder vielmehr gerade solche mit qualifizierten Abschlüssen leiden drunter. Häufungen finden sich, wenn sie gerade eine neue Aufgabe übernehmen. Laut einigen Studien seien sogar 70 % der Bevölkerung vorübergehend mit Hochstaplergefühlen geplagt!
Du bist also in Gesellschaft, und wie ich dir gleich zeigen werde, sogar in sehr guter!
Emma Watson (die Darstellerin der Hermine Granger in Harry Potter) äußerte:
„Es fühlt sich für mich so an, als ob jeden Moment jemand herausfinden könnte, dass ich eine totale Betrügerin bin und das, was ich bisher erreicht habe, gar nicht verdiene.“
Und Jodie Foster (laut Stand Januar 2017 sogar die Frau an der Spitze der Hollywood-Schauspielerinnen!) verriet:
„Ich fühle mich immer wie eine Hochstaplerin. Ich habe keine Ahnung von dem, was ich mache. Vielleicht ist dies das Geheimnis meines Erfolgs.“
Für mich, war das, was ich dir heute vorstelle sehr erhellend. Und es hat in meinem Geist ein Mindshifting angeregt.
Daher zeige ich dir heute:
Ein Hochstapler ist jemand, der wenig kann (keine Qualifikationen hat) aber so tut als könnte er. Ein wunderbares Beispiel dafür ist der Film „Catch me if you can“.
Jemand, der das Hochstapler-Syndrom hat, ist das genaue Gegenteil: jemand kann etwas, hat meist auch Zertifikate und Qualifikationen vorzuweisen, aber er glaubt nicht, dass er es kann. Er hat starke Selbstzweifel.
Das Hochstapler-Syndrom ist die Unfähigkeit eines Menschen, sein Talent zu akzeptieren und seinen Erfolg zu genießen. Betroffene haben große Selbstzweifel und schreiben ihre Erfolge nicht den eigenen Fähigkeiten, sondern Glück oder Zufall zu. Sie glauben, dass ihr Umfeld sie als weit kompetenter und professioneller einstuft als sie sind. So befürchten sie, ihre „Fassade“ wird irgendwann als Schwindel enttarnt.
In einer Untersuchung befragten die Psychologinnen Pauline Rose Clance und Suzanne Imes 1978 über 150 Frauen. Alle hatten Studienabschlüsse in verschiedenen Fächern nachzuweisen, galten als Expertinnen aber stuften sich selbst nicht als erfolgreich ein. Die Forscherinnen gaben dem Phänomen erstmals einen Namen.
In weiteren Studien stellte man fest, dass tendenziell eher Frauen als Männer und eher Introvertrierte als Extrovertierte betroffen sind.
Wenn man den Ted-Talk von Dena Simmons gesehen hat, kann man auch schlussfolgern: Menschen mit Migrationshintergrund sind eher betroffen als die Kinder von Nicht-Migranten.
Woher es genau kommt, ist nicht genau geklärt. Die beiden Forscherinnen sahen eine Häufung dort, wo man das erste Mitglied der Familie war, was einen höheren Studienabschluss erworben hat. Die Ansprüche der Familie, die eigenen Ansprüche, die Erwartungen der Familie nicht zu enttäuschen sowie gleichzeitig der Wunsch nach Dazugehörigkeit zu seiner Ursprungsfamilie scheinen eine Ausprägung des Syndroms zu begünstigen.
Auf jeden Fall taucht es häufiger da auf, wo eine Diskrepanz zwischen Anspruch an Leistungen und Selbsteinschätzungen besteht.
Sobald wir eine Bühne betreten oder sie betreten wollen, werden wir unserer mentalen Einschränkungen bewusst. Solange wir den Weg nicht gehen, müssen wir uns dem nicht stellen.
So erlebe ich regelmäßig KlientInnen, die sehr stark an sich selbst zweifeln – und ganz ehrlich. Oft sind es die Besten!
Das ist doch so schade. Denn es hindert uns in unsere volle Präsenz und Strahlkraft zu kommen. Es hindert Selbstständige positiv für Ihr Selbstmarketing zu kommunizieren.
Das finde ich schade, und so möchte ich hier etwas Aufklärungsarbeit leisten. Eine Hürde, die man kennt, mit der lässt sich einfach besser umgehen.
Typische Faktoren für das Hochstapler-Syndrom sind:
Harvey & Katz unterscheiden in einer Studie aus dem Jahr 1985 folgende sechs Typen:
1. Die Workaholics: Workaholics arbeiteten hart, sind fleißig und emsig. Das gibt Ihnen die innere Erlaubnis, ihre guten Ergebnisse zu erklären.
Sie fangen lange vor dem Termin mit den Vorbereitungen für einen Vortrag an. Sie gehen nie unvorbereitet in ein Kundengespräch. Wenn dann das Webinar hinter ihnen liegt, genießen sie das nicht sondern, bleiben an einem kleinen Kritikpunkt hängen, der ihnen die gesamte Veranstaltung nicht als ganz und gar vollkommen erscheinen lässt. Nächstes Mal bereiten Sie sich noch besser vor.
Du merkst, das ist einen ganz schön anstrengende Art, damit umzugehen.
2. Die magischen Denker/innen: Sie glauben, dass bestimmte Umstände Einfluss auf das Ergebnis nehmen können. Z.B. ziehen Sie bei jedem Auftritt ihre Lieblingskette an. Nur dadurch ist die Rede so gut gewesen, sagen sie dann.
3. Die Bescheidenen: Die Bescheidenen haben große Probleme, Komplimente zu ihrem Auftreten anzunehmen. Sie können ein Lob nicht mit einem „Oh, danke schön“ annehmen und sich daran freuen schon gar nicht. Sie schränken das Kompliment immer ein: „ach, das wäre noch besser gegangen.“ Oder „das Publikum war nett.“
4. Die Charmanten: Charmanten Menschen mit attraktiver Ausstrahlung und einem sozialen Händchen können gut mit Anderen. Dabei vergessen Sie manchmal, dass Ihre Erfolge auch aufgrund ihrer guten Leistungen zustande kommen. Nicht nur wegen ihres einnehmenden Wesens.
5. Die Chamäleons: Dies sind Menschen, die sich übermäßig anpassen. Immer mit dem Ziel sich angemessen zu benehmen. Ich glaube diese Art von Hochstapler vermeidet die öffentliche Bühne einfach, um gar keine Fehler erst zu machen.
6. Die Einfühlsamen: Menschen mit besonders feinen Antennen nehmen die (unausgesprochenen) Wünsche der Anderen sofort war. Für diese Menschen ist es sehr schwer, ihre eigene Position zu beziehen und damit öffentlich sprechend Stellung zu beziehen. Auch haben sie Angst vor den Gefühlen der Anderen hinsichtlich ihres Erfolgs: Wie z.B. dann mit Neidern umgehen?
Vielleicht hast du dich in der ein oder anderen kurzen Beschreibung wiedergefunden. Vielleicht willst du aber auch tiefer einsteigen und v.a. mal testen, ob du am Hochstapler-Syndrom leidest. Oben in den Shownotes findest du Links zu zwei Tests.
So nun das allerwichtigste:
1. Nenne das Kind beim Namen: Mache dir deinen inneren Mindfuck bewusst! Erkenne den Irrglauben in deinem Kopf. Sieh, dass es nur Gedanken sind. Gibt dem Kind einen Namen: „Hallo, Hochstapler-Syndrom“.
2. Stoppe Vergleiche! Hinter einem “ ich bin nicht gut genug“ steckt immer ein Vergleich. Setz dich auf Entzug bezüglich des Vergleichens. Zieh die Notbremse. Hör auf zu schauen, was die anderen machen. Sie sind in einer ganz anderen Situation!
3. Mache dir deine Stärken bewusst: Mach dir deine eigenen Stärken bewusst. Schreib sie auf, frag andere, häng sie dir hin, so dass du täglich daran erinnert wirst.
4. Hinterfrage dein Mindset: Wie gehst du mit Fehlern um? Wie definierst du sie? Als die größte Katastrophe auf Erden? Oder dürfen sie zum Lernen dazu gehören? Wie ist dein Selbstbild? Dynamisch oder statisch? Und welche Antreiber gibt es da in deinem Kopf?
5. Stärke dein Vertrauen: Auf körperlicher Ebene erde dich. Geh in die Natur, spür den Kontakt zum Boden, arbeite mit Erde, massiere dir deine Füsse. Als das gibt dir Bodenkontakt und der gibt dir inneren Halt. Auf rationaler Ebene sammle alle Erfolgsfakten! Bewerte sie nicht. (Schon gar nicht mit einem, es sind nicht genug!) Sammle sie einfach nur.
6. Sei dankbar: Natürlich gibt es Anteile am Erfolg, die nicht in unsrer Macht liegen: Sei für diese dankbar!
7. Mach dir deine sensible Seite klar: Mach dir klar, dass du nicht für die Gefühle der Anderen zuständig bist. Freu dich an deinem Erfolg, egal was Andere sagen (könnten).
8. Nimm Komplimente und Lob dankend an: Wie redest du über dich selbst? Übe deine Reaktion auf Lob. Sage mindestens „Danke“. Ein „Das freut mich“, ist sicher auch nett.
9. Rede über deine Erfolge: Erzähl jedes Mal kurz in deiner Mastermindgruppe über deine Erfolge. Jedes Mal! Teile sie mit Anderen. Das ist eine Hausaufgabe. Also los! 😉
Wenn du bei dir das Hochstaplersyndrom entdeckst, dann bleib entspannt. Du bist damit nicht allein und oft ist es nur vorübergehend. Sieh es als eine Chance dein Selbstvertrauen und damit deinen Selbstwert zu stärken.
Diesmal halte ich es mit Paulo Coelho. Der schreibt in dem Roman Brida:
Es ist in Ordnung, wenn du zweifelst, Hauptsache du geht’s dann weiter!, aber geh dabei weiter!
Ich freu mich auf deine Rückmeldungen und sehr sehr gern auch über deine Rezension bei Itunes!
Bis zum nächsten Mal! Tschüß, Deine Steffi
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