Soll ich oder soll ich nicht?
Soll ich den Mund aufmachen und sagen, was ich zu sagen habe – oder lieber schweigen? Was hab ich schon zu sagen?
Falls du diese inneren Dialoge kennst, dann ist dies deine Folge!
Hier geht es um den inneren Konflikt zwischen dem im Mittelpunkt stehen wollen und es Ablehnen. Es geht auch um die Angst vor Ablehnung vor Anderen und wie du sie ablegen kannst.
Und du erfährst ein paar ganz persönliche Erlebnisse von mir.
Diese Folge ist ein Appell an deine Selbstverantwortung!
… weswegen ich Vorträge oder meine Rolle als Trainerin so liebe
… welches Modell ich viel besser finde, als das von Introversion vs. Extroversion
… wie du selbst über den Konflikt „im Mittelpunkt zu stehen“ hinweg kommen kannst
… wie dir eine Ablehnungs-Challenge dabei helfen kann
… warum ich dich in deine Selbstverantwortung bringen will
Das Modell von reaktiv vs. proaktiv kurz erklärt
Monika Birkners Artikel über Ablehnung
Jia Jings TedX Talk Nummer 1 über seine Rejection Challenge „Surprising Lessons from 100 Days of Rejection“
Jia Jings TedXTalk Nummer 2 über „The hidden oportunity behind every rejection“
Jia Jings Ted Talk über „What I learned from 100 days of rejection“
Jia Jings Website mit Buchlink
Cam Adairs TedX Talk über „The surprising truth about rejection“
Meine Podcastepisode über Energiemanagment als Introvertierter
Hallo und willkommen bei „Zeig dich und sprich“. Diese Folge ist noch experimenteller als manch andere, weil ich normalerweise schon am Dienstagabend die Aufnahme mache, damit sie Mittwoch on air gehen kann. Jetzt ist es Mittwochabend, ich habe noch ein Elternabend gleich vor mir. Das heißt wahrscheinlich musst du auf diese Folge ein bisschen warten.
Und da ist auch gleich meine erste Frage. Ich habe mir selber mal vorgenommen, dass ich alle 2 Wochen ganz regelmäßig diesen Podcast rausbringe. Und das gelingt mir grad nicht, sondern da gibt es ganz schöne Schwankungen im Rahmen von 1 bis 3 Wochen. Ich wollte einfach gerne dich fragen und eine Rückmeldung von dir bekommen:
Ist das in Ordnung?
Kannst du damit leben oder scharrst du schon mit den Hufen, wenn jetzt nicht am Mittwochnachmittag die Folge on air ist?
Also das würde mir wahrscheinlich selber ein bisschen Druck wegnehmen, wenn ich weiß, du wartest nicht so doll drauf und es würde mich andererseits natürlich total freuen zu wissen, dass du drauf wartest.
Also in beiden Fällen bin ich der Gewinner.
Deswegen schreib mir doch einfach mal, wie geht es dir damit?
Das so als mein kleines Vorgeplänkel heute.
Heute soll es also um diesen wunderschönen Ausdruck im Englischen gehen: Speak-Up!
Was bedeutet das?
Nun, es bedeutet zum einen lauter sprechen, es bedeutet seine Meinung äußern, aber es bedeutet eben auch sowas wie kein Blatt vor dem Mund nehmen, frei von der Leber weg sprechen.
Und ich finde, das trifft es ziemlich gut bzw. im weitesten Sinne handelt diese Folge heute davon. Zunächst erzähle ich dir aber eine kleine Begebenheit.
Ich saß nämlich vor zirka einer Woche mit einem Bekannten in einem Café. Wir hatten uns nach längerer Zeit mal wieder getroffen, wir haben vor ein paar Jahren mal zusammen in einer Impro-Theatergruppe gespielt, nicht so professionell im Sinne, dass wir wirklich damit Aufführung hatten, sondern einfach erstmal für uns des Spaßes wegen und des Lernens wegen.
Das heißt, dass ist also jemand, der auch im weitesten Sinne was mit Sprechen zu tun haben mag.
Wir haben einfach mal über das gesprochen, was ich tue, über öffentliches Sprechen und sind an einen Punkt gekommen, der sehr interessant war.
Nämlich er erzählte mir, letztens war er in seiner Arbeit und es gab eine Situation, wo sie mit einer Delegation von Personen in einem Bus saßen bzw. dann auch bei der Veranstaltung und im Grunde brauchte es jemanden, der eine Ansage machte vor dieser Gruppe von 50-60 Personen.
Eigentlich wäre es die Rolle des Chefs gewesen. Andererseits hat der Chef diese Rolle nicht erfüllt, es nicht gemacht.
Mein Bekannter hatte das Gefühl „es wäre cool, wenn ich das tue“. Gleichzeitig war da diese innere Stimme da, die sagte „das macht der doch viel besser als ich“. „Außerdem ist das ja nicht meine Rolle“ und plötzlich war das Gefühl da, „ich habe auch gar nichts zu sagen“.
Das fand ich einen sehr spannenden Moment, ein Moment, den viele vielleicht kennen, den ich auch kannte und immer mal wieder kenne.
Vielleicht kennst du diese Situation der Vorstellungsrunden.
Das ist ja sehr unbeliebt. Aber es hat genau einen ähnlichen Effekt, nämlich in der Vorstellungsrunde stehst du vor einer Gruppe von Leuten oder du sitzt vor einer Gruppe von Leuten, je nach Rahmen, und plötzlich ist die ganze Aufmerksamkeit auf dir.
Das ist der Punkt, auf den ich heute hinaus möchte, auf diesen Moment, wo du die ganze Aufmerksamkeit hast.
Ich weiß nicht, wie es dir bei diesem Gedanken geht. Wenn ich mir die Szene vorstelle und da innerlich reingehe, da merke ich schon, da passiert eine andere Spannung in meinem Körper, da merke ich Gefühle im Bauch und meinen Atem. Da muss ich bewusst darauf achten, dass der weiterfließt.
Vielleicht kennst du das?
Ich kenne das.
Genau aus diesem Grund oder das ist genau der Grund, warum ich zum Beispiel Vorträge so liebe. Da ist nämlich klar, was meine Rolle ist. Da ist klar, ich bin da von Anfang an da als jemand, der dort sprechen wird.
Ich kann mich inhaltlich unglaublich gut drauf einstellen.
Deswegen liebe ich auch meine Trainer-Tätigkeit, weil einfach klar ist: das ist meine Rolle, in der bin ich dort.
Ich liebe sogar auch Videos, weil auch dort ist klar, wenn das Video an, also wenn ich auf den Anschaltknopf drücke, dann geht’s los, ich bin dran und wenn ich wieder draufdrücke, ist es vorbei.
Wunderbar klare Rollenzuteilungen, damit kann ich ziemlich gut umgehen und damit kann ich ziemlich gut sprechen, meine Meinung äußern im Sinne von Speak-Up.
Aber was ist da mit solchen Gruppensituationen?
Gruppensituation, wo die Rolle nicht hundertprozentig klar ist.
Muss ich diesen Ball zugespielt bekommen, dass ich jetzt dran bin? Oder muss ich mir diesen Ball holen?
Ist es eine Holschuld oder eine Bringschuld?
Das ist schon mal eine spannende Frage und viele Leute, mit denen ich zu tun habe, die eben nicht so die Rampensau sind, die sagen, das ist mir nicht in die Wiege gelegt worden vor Anderen zu sprechen und die trotzdem die Sehnsucht danach haben, diese Leute, bei denen ist es tatsächlich so, dass sie oder so kenne ich es von denen, mit denen ich arbeite, dass das ein Stück weit eine innere, gar keine bewusste Erwartungshaltung gibt, ich muss diesen Ball zugespielt bekommen von jemanden.
Es ist nicht diese Proaktivität da zu sagen, ich hole mir diesen einfach selber!
Ich glaube manchmal gar nicht an dieses Modell Introversion – Extroversion, sondern ich habe ein anderes Modell, was genau dieser Situation viel gerechter wird! Und auch das ist wieder nur ein MODELL (nur ein Abbild, keine Wirklichkeit).
Es gibt Leute, die sind sehr proaktiv in einer Situation, andere sind sehr reaktiv und wenn ich zum Beispiel mal klar habe, ich bin der Trainer oder ich bin die Vortragende, bin ich unglaublich proaktiv.
Ich weiß einfach, jetzt bin ich dran.
Wenn ich aber als normaler Teilnehmer mit vielen anderen in einer Runde bin, dann ist das für mich nicht so klar und dann habe ich meine ganzen gelernten und manchmal hinderlichen Höflichkeitsregeln im Kopf und lass die anderen lieber erstmal kommen. D
amit bin ich eben reaktiv, ich reagiere eher anstatt, dass ich selber sofort ins Handeln komme. Das betrifft auch das Sprechen.
Das ist das Verhalten, was wir ganz oft mit Introversion und Extroversion verbinden, was ich aber gar nicht unbedingt so sehe.
Ich finde dieses Modell für diese Situation fast noch spannender.
Proaktivität versus Reaktivität.
Also wie agiere ich in einer Situation?
Ich habe es dir schon angedeutet, es ist so unterschiedlich in verschiedenen Situationen. Wenn ich zum Zahnarzt gehe, bin ich sehr reaktiv und warte doch lieber erstmal ab, prüfe das für mich, schlafe darüber und dann lege ich los.
Das ist das Tolle an Vorträgen oder auch in Videos, dass ich zumindest diesen Hauch von Moment habe für mich, in mich zu gehen, mir das zu überlegen, dann geht es los.
Aber, wenn ich in irgendeiner Situation, einer Gesprächsrunde mit vielen Menschen bin und es von vornherein nicht klar ist, dass ich vielleicht den Gesprächsball bekomme oder mir hole, dann ist das nochmal anders, das ist nochmal aufregender.
Der zweite spannende Punkt an dieser Stelle: wenn ich die Situation von meinem Bekannten da nochmal nehme, ist, dass es ja auch so asymmetrische Situationen sind.
Wenn du einen Chef hast und du bist sozusagen in der Hierarchie etwas weiter unten, dann ist es noch mal komplexer.
Da spielen sehr viel mehr Dinge da nochmal rein in dein Gesprächsverhalten. Aber trotzdem, auch, wenn du offiziell in der sozialen Hierarchie vielleicht nicht diese Rolle hast, könntest du auf kommunikativer Ebene dir sehr wohl diesen Status holen und führen.
Das bei Führungskräften immer eine Rolle spielt, das Führen, kannst du eben auf einer kommunikativen Ebene machen.
Du kannst deinen Gesprächspartner zu einem gewissen Punkt hinführen. Aber was ich dir ganz besonders mitgeben möchte, ist im Grunde dieser Konflikt.
Weil ich habe dann weitergeredet mit dem Bekannten und da kamen dann so spannende Ideen, was ist denn da in der Situation mit dem Chef?
Dann kamen dann so Aussagen wie „naja ich nehme mich schon zurück. Es ist für mich irgendwie problematisch, weil ich eben nicht darüber vorher nachgedacht habe. Ich traue mich nicht so richtig das zu machen, genau genommen diese Ansage zu machen. Ich muss mich dazu überwinden.“
Dann habe ich noch ein bisschen nachgeforscht und habe festgestellt, das sind zwei innere Stimmen da. Die eine Stimme, die sagt: Ich liebe das. Ich will gerne sprechen. Ich will agieren und ich möchte auch im Mittelpunkt stehen. Ja, ich habe Lust auf diese Aufmerksamkeit.
Kennst du das? Gibt es in dir vielleicht diesen Hauch von der Lust?
Das ist total gut, weil darauf können wir aufbauen, damit können wir weiterarbeiten.
Auf der anderen Seite gibt es aber eben auch bei ihm und bei dir vielleicht auch, wenn du die Situation kennst, da gibt es diese andere Seite, die innerlich diese Situation ablehnt, die selber innerlich vielleicht diese Situation hasst und sagt, „oh, ich hasse Vorstellungsrunden“.
Also es gibt diese innere Ablehnung einfach und den Teil, der nicht im Mittelpunkt stehen will.
Der Konflikt aus beiden, dieses eigentliche Paradox, diese Diskrepanz, das ist das Spannende.
Das hat eben nicht jeder.
Es gibt eine ganze Menge Menschen, die wir gemeinhin wahrscheinlich als extrovertierter bezeichnen und die proaktiv in so einer Situation sind, die eben nicht diese Bremse mit haben, sondern die treten nur aufs Gas.
Wenn du beides in dir hast, das Gaspedal und die Bremse und du drückst gleichzeitig, dann ist das total unangenehm für dich.
Ich möchte dir einfach mit dieser Podcast-Folge eine Idee mit an die Hand geben, dass du dich bewusst entscheiden kannst:
Will ich jetzt bremsen? – und das ist völlig in Ordnung, wenn du das tust – oder will ich jetzt Gas geben?
Mit den Leuten, mit denen ich arbeite, passiert manchmal was ganz Spannendes, weil plötzlich geben sie extrem Gas, übertreiben vielleicht so ein bisschen. Das ist auch, das erlebt man manchmal bei denen, die plötzlich für sich eben die Bühne entdecken.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn diese Seite, die vorher sehr unterdrückt war, ein bisschen ausgelebt werden konnte, dann können sie wieder ein Stück vom Gas runtergehen, langsamer fahren oder auch mal bremsen, wenn es passt.
Ich finde es jedenfalls sehr spannend ein bisschen zu hinterfragen, was ist denn da eigentlich los in mir?
Dieses, ich will ja gar nicht auf die Bühne, weil das andere ist ja auch da.
Wenn man da so ein bisschen hinterfragt, dieses Warum, was im Coaching nicht oft gerne verwendet wird, aber was ich an der Stelle total sinnvoll finde, mal so ein bisschen wirklich die Ursachen zu erforschen und genau diesen inneren Glaubenssatz rauszufinden, der dich da bremst an der Stelle.
Manche sagen, das ist anstrengend und klar ist es energetisch anstrengender im Mittelpunkt zu sein als nicht.
Das ist das eine, klar, das kostet ein Stück Energie und da brauchst du ein gutes Energiemanagement für sowas.
Gleichzeitig ist da und das ist wahrscheinlich der große entscheidende Punkt, es ist oft so eine Angst vor Ablehnung da diese Verletzlichkeit.
Was tue ich, wenn ich abgelehnt werde?
Das ist, das haben Forscher herausgefunden, das ist ein sehr schmerzhafter Prozess im Gehirn, wenn wir Ablehnung erfahren.
Darüber rede ich dann gleich noch ein bisschen.
Es gibt viele tausend andere Gründe, einen dritten will ich noch nehmen.
Nämlich so eine gewisse, ich nehme den Begriff Verbundenheit gegenüber den Menschen, wo du herkommst, gegenüber deiner Herkunftsfamilie, deinem Herkunftskreis, die das möglicherweise abgelehnt haben.
Also sowas wie „das macht man nicht“.
Ich erinnere mich an eine Situation, wo mir meine eigene Mutter mal gesagt hat, offensichtlich, weil ich als Kind, ich habe keine Ahnung mehr wie alt ich war, aber ich werde nicht so alt gewesen sein, also wahrscheinlich noch als Vorschulkind.
Ich war relativ laut in einer Umgebung, die öffentlich war. Ich habe einen Satz noch im Ohr, den sie mir da gesagt hat, nämlich: Das war mit einem Stimmklang gesagt, der mir gezeigt hat: das ist nicht gut, wenn die Leute uns anschauen.
Im Mittelpunkt sein war etwas Negatives.
Das ist so ein spannender Moment und es gibt bestimmt auch in deinem Leben irgend so einen Moment, (wenn das für dich ein Thema ist, nur dann), wo du vielleicht merkst, huch, da ist irgendwas passiert, wo du gelernt hast: das ist nicht gut!
Diese Loyalität, das ist nicht gut, das steckt halt noch als Erbe ein Stück weit in uns drinnen.
Ich bin deswegen eben ein Stück leise geworden. Das war gut, das war akzeptiert. Dafür wurde ich belohnt.
Das ist so ein spannender Moment, ja, angeboren sind gewisse Präferenzen, aber sie sind immer auch mit von der Umgebung gefördert oder unterdrückt, eines von beiden.
Und ich bin laut und leise.
Das weiß ich heutzutage. Ich habe beides in mir und vermutlich hast du auch beides in dir.
Jetzt verrate ich dir noch was über mich.
Und zwar genau vor einer Woche saß ich mit einem sehr lieben Kollegen, den ich sehr schätze, auf seinem Sofa und habe ein Video gemeinsam mit ihm gedreht. Das war gut, wir haben Spaß gehabt, das war total spannend.
Und dann haben wir es uns angeschaut und was ich da gesehen habe, war für mich nochmal erstens ein Stück erschreckend, zweitens augenöffnend und drittens ein wichtiger Lernmoment.
Das möchte ich heute mit dir hier schon mal teilen.
Nämlich, ganz rational beschrieben, was habe ich festgestellt? Ich habe festgestellt, dass meine Aussagen kürzer sind als seine. Dass ich insgesamt also weniger rede als er und dass meine Gesten kleiner sind.
Wenn du dir den Rahmen anguckst, ich war in einer Umgebung, die ich nicht kannte. Er war eine Umgebung, die er kannte. Ich bin eine Frau, er ist ein Mann. Da spielen natürlich Muster, die uns einfach erlernt, aber auch von der Natur vielleicht ein Stück weit vorgegeben sind, mit rein und nichts desto trotz die Menge und die Anzahl meiner Redebeiträge, die ist nicht unbedingt von Mutter Natur sozusagen vorgegeben.
Das war für mich total spannend, weil was passiert, wenn wir weniger reden, wenn wir kürzere Redebeiträge haben?
Es wirkt einfach, wenn du das analytisch anguckst und das fällt wahrscheinlich nur uns beiden auf und gar nicht so jemanden, der gar nicht mit diesem Fachblick drauf schaut, es wirkt einfach nicht ganz so stark.
Und wer ist jetzt schuld?
Das war dann die spannende Frage, die ich so nicht gestellt habe, aber die ich jetzt mal hier so stelle.
Wer ist denn schuld?
Das ist ein doofer Begriff. ok.
Aber wer ist dafür verantwortlich?
Das ist nicht mein Kollege, das bin ich selber.
Das ist das, weswegen ich das hier mit dir teile. Jetzt werden ein paar Leute sagen, boah, du kannst doch nicht mit so einer Story rausgehen, die dich so unperfekt zeigt. Ich tue es einfach, weil ich dir eine ganz wichtige Lernlektion, die mir nochmal bewusst geworden ist, zeigen möchte.
Nämlich: ich habe die volle Verantwortung für mein Handeln, für das, wie ich da gerade agiere. Nicht der andere.
Wenn ich in Gesprächsrunden bin und ich kriege meinen Mund nicht auf, dann bin ich verdammt nochmal dafür verantwortlich und nicht die anderen, die da im Raum sitzen.
Ich rede jetzt hier von Erwachsenen. Ich rede jetzt von uns, die wir als Erwachsene hier agieren und sprechen oder auch nicht sprechen.
Wir haben alle ein Erbe und wir haben alle in uns dieses kleine Kind, was eben noch die ein oder andere Verletzung mit sich herum trägt.
Bei manchen mehr, bei manchen weniger.
Aber wir sind eben auch die Erwachsenen, die heutzutage andere Entscheidungen treffen dürfen als früher.
Das heißt, ich darf in Zukunft noch mal mehr. Da ist ja schon unglaublich viel passiert, aber ich darf nochmal mehr, nochmal darauf achten, wie will ich rüberkommen und das heißt, wie viel will ich reden?
Will ich doch mal wieder ein bisschen mehr auf das Gas treten oder an einer Stelle dann sagen, „hey, völlig in Ordnung für mich, ich gehe auf die Bremse, das passt gerade“.
Aber dann aus dem Großmut und aus einer Bewusstheit heraus und nicht durch Zufall oder nicht, indem ich in einem alten Muster agiere.
Ich erzähle dir das alles hier, weil ich eben nicht will, dass man, dass du so Opfer der Umstände bist, sondern weil ich will, dass du in deine volle Verantwortung gehst und dass du weißt, was du tun kannst.
Deswegen habe ich mir überlegt, was kann denn jeder jetzt hier tun? Da verrate ich dir, jetzt muss ich mal kurz auf meinen Spickzettel hier schauen, wenn du diesen Konflikt kennst in dir zwischen „ich will auf diese Bühne, ich will diese Aufmerksamkeit“ und „ich hasse diese Situation, ich will das nicht“, dann habe ich einfach 4 Schritte, was du jetzt tun könntest.
Wie kommst du in diese Selbstverantwortung rein?
Schritt 1:
Das erste ist, dass du diesen Konflikt, der in dir ist, wahrnimmst und akzeptierst. Im Grunde sind es 2 Schritte. Also sozusagen Teil 1 und Teil 2 von Schritt 1.
Wahrnehmen, was da passiert, dieser innere Konflikt, dieses Paradox, ich will und ich will nicht.
Und akzeptieren, dazu innerlich ja sagen, ja so ist es. Ich habe beides in mir, das Gas und die Bremse.
Schritt 2:
Das zweite ist, dass du wirklich in dein Erwachsenen-Ich gehst, dass du wirklich als Erwachsener ganz bewusst nochmal fragst, was willst du jetzt?
Der erwachsene Teil in dir, was will er? Will er jetzt auf diese Bühne gehen und einfach erzählen vom eigenen Business, von dem, was du tun wirst, willst du die Delegation begrüßen?
Oder willst du es auch mal nicht? Auch das ist in Ordnung. Aber an der Stelle bist du selbst verantwortlich.
Schritt 3:
Dann, das ist der 3. Schritt, wenn du dich entschieden hast, dazu ja zu sagen und zu sagen „ja, ich will das tun“, dann tue es, mache den Mund auf und sprich.
Mehr nicht. Fertig.
Schritt 4:
Der 4. Schritt, das ist eigentlich nur „ein Klammer auf“.
Mache das Ganze mit Spaß.
Siehe es als eine Spielwiese. Habe Spaß dabei.
Du wirst Fehler machen, du wirst dich versprechen, vielleicht wirst du auch rot. So what?
Gehört dazu.
Mach also weiter. Mit Freude.
Das ist das, wo ich sage, das will ich dir auf jeden Fall schon mal mitgeben.
Damit es hier nicht so theoretisch bleibt, lade ich dich jetzt ein zu einem Experiment bzw. zu einer kleinen realen Challenge. Ich weiß nicht, ob es diesen Begriff bekommen darf, weil ich habe gerade nicht den Drive jetzt heute hier Mitte November eine ganz Riesen-Challenge wie du das vielleicht aus Facebook oder so kennst, aufzuziehen, aber die Idee gefällt mir.
Ich begebe mich jetzt selber mal mit dir, wenn du magst, auf dieses Experiment.
Wovon rede ich eigentlich?
Also ich möchte gerne, dass du 100 Mal diese unliebsame Situation suchst und den Mund aufmachst und lossprichst. Wie komme ich da drauf?
Ich komm da drauf, weil ich mich erinnert habe, vor längerer Zeit mal von dieser Rejection Therapy gehört zu haben, also der Ablehnungstherapie und habe da ein bisschen mal dazu recherchiert und erzählt dir mal ein bisschen.
Also es gibt den Jason Comely, der eben diese Rejection Therapy als ein Spiel aufgezogen hatte. Was hat der gesagt? 30 Tage lang gehst du immer raus und holst dir Ablehnungen, weil das wehtut im Gehirn, damit du so ein bisschen immun dagegen wirst, eine kleine Immunisierung sozusagen gegen die Ablehnung.
Du provozierst mit Absicht eine Ablehnung. Das war die Idee.
Und die hatte ein Amerikaner chinesischer Herkunft Jia Jiang, die hat er aufgegriffen und hat zunächst mit einem Video-Blog einfach das gefilmt, was er an Ablehnungen erlebte. Der hat gesagt, ich hole mir jetzt jeden Tag ein Nein ab.
Was hat er genau gemacht? Er wollte zuerst mal von einem Unbekannten 100 Dollar bekommen und dann wollte er eine Pflanze im Garten bei jemanden einpflanzen oder eine extra Bestellung für Donuts, also irgendwelche Sonderwünsche. Und so weiter.
Er hat zwei TEDx-Talks dazu gehalten, sowie einen TED-Talk, die ich dir auch verlinkte, die total spannend sind. Einer davon ist für mich mit einer meiner Top 10 Talks bei TED, die ich jemals gesehen habe. Den mag ich besonders gerne.
Jia Jing hat auch ein Buch und alle möglichen anderen Sachen auf seiner Website zum Thema.
Das Spannende ist einfach, dass er irgendwann gemerkt hat, ich entwickle mich dabei ich. Es passieren Dinge mit mir, ich gehe anders auf Leute zu. Ich geh anders ins Gespräch mit den Menschen und irgendwann wurde es schwierig, weil er plötzlich JAs bekommen hat.
Er hat gar nicht nur Neins bekommen. Es gab weniger Ablehnung in seiner Welt als Annahme. Verrückt oder?
Das ist, wo diese Idee herkommt und ich möchte das aber jetzt, also du kannst das in diesem allgemeinen Kontext lassen, aber ich würde das gerne auf unseren Kontext hier beziehen, aufs Sprechen, dass du dir Situationen suchst, wo du merkst, sprechen ist für mich nicht so angenehm und da tust du es.
Für jedes Mal häng dir ein Blatt über deinen Schreibtisch, wenn du es getan hast, klebe dir einen Punkt auf oder mache dir ein Smiley.
So würde ich das jetzt wahrscheinlich mit meinen Kunden machen. Du kannst dir natürlich auch ein Arbeitsblatt mit lauter hübschen Gesichtern machen und jedes Mal, wenn du eins, also das getan hast, dann malst du ein lachendes Gesicht für dich aus.
Damit du siehst, wie du vorankommst. Ich sag wirklich 100 Mal, im Idealfall machst du das dreimal am Tag, weil sprechen tun wir ein bisschen öfter, sodass du vielleicht in 30 Tagen schon durch bist. Ich werde das auch angehen.
Ich weiß nicht, ob das jeden Tag in meinem Arbeitskontext passt, weil ich eben manchmal auch einfach im Home-Office bin, online mit Einzelpersonen und nicht diese Situation habe. Aber, wenn ich sie habe, dann werde ich das tun und weiter testen und mehr damit spielen.
Das Spielelement ist für mich extrem wichtig. Ich lade dich ein, dass du mitmachst und ich lade dich ein, dass du mir und uns doch mal in 2, 3, 4, 5 Wochen, also nach 30 Tagen, schon mal ein bisschen schreibst, einen Kommentar schreibst, mir eine E-Mail schreibst oder in Facebook, auf der Facebook-Seite einen Kommentar machst, wie es dir damit ergangen ist. Das finde ich total spannend.
Ich weiß jetzt, wahrscheinlich hörst du die Folge erst, wenn ich schon dort bin, bis die hier bearbeitet ist, aber ich weiß, ich fahre jetzt 2 Tage lang zu einem Treffen von Solopreneuren in Frankfurt und dort wird es wieder einen Rahmen geben, wo einfach viele Leute zusammensitzen, wo meine Rolle nicht festgelegt ist, weil ich nicht die Veranstalterin bin.
Das heißt, das ist für mich auch da wieder eine spannende Situation und ich werde einfach mal ein bisschen weiter mit der Situation spielen und testen wie es mir damit geht.
Ich berichte dir natürlich auch gerne im Gegenzug, wenn das dann hier passt.
Was ich dir noch mitgeben möchte?
Ich verlinke dir mehrere TED-Talks über das Thema Rejection, über die Ablehnung. Der ein Sprecher, Cam Adair, der hat gesagt, „Rejection Is Not You“. Also du bist nicht die Ablehnung. Das definiert dich nicht. Er sagt einfach, du definierst dich selbst. Du definierst, wer bist du und dann kriegst du eben ab und an mal eine Ablehnung. Aber du definierst dich.
Das fand ich auch nochmal einen schönen Satz. Auch diesen Satz „Be Brave“, sei mutig. Das ist das, was ich dir mitgeben möchte.
Wenn du das machst, stellst du vielleicht fest, dass du eben nicht nur der leise Teil bist, nicht nur der bremsende Teil, nicht nur der introvertierte Teil, sondern du bist so viel mehr. Das ist mein Anliegen.
Ich möchte die Handlungsmöglichkeiten, die du hast, die möchte ich gerne, dass du sie und wir hier gemeinsam, dass die erweitert werden.
Dass du, wenn du mal vor der Frage stehst, sprechen oder nicht sprechen, dass Sprechen dann für dich eine leichte und angenehme Option ist. Das wäre mir total wichtig.
In diesem Sinne sage ich dir einfach noch „Zeig dich und sprich“. Tschüss! Bis zum nächsten Mal.
Was denkst du?