Nein, ich werde dir nicht sagen, dass du Kaffee trinken sollst und schon klappt das mit der Stimme und ihrer Begeisterungsfähigkeit. (Im Gegenteil: Kaffee ist nicht gut für die Stimme.)
Stattdessen zeige ich dir heute, wie du deine Stimme so benutzt, dass sie auf deine Hörer WIE Kaffee wirkt. Schwarz, stark, aktivierend.
Als Studentin stand folgendes Fach auf meinen Lehrplan: Sprach-Sprech-Stimm-Störungen. Ich war wenig begeistert, dies zu besuchen. So wie ich auch wenig begeistert bin, schwarzen puren Kaffee zu trinken.
Doch nach der ersten Vorlesung wurde sein Kurs zum Highlight meiner Studienwoche!
Wirklich. Der Professor hatte es geschafft, mich in seinen Bann zu ziehen.
Nicht nur mich übrigens. Eine Menge anderer Studenten waren gefesselt. Er hatte uns aktiviert wie eine Tasse guten schwarzen Kaffees.
Dafür hatte er ein paar Tricks auf Lager:
All das führte dazu, dass wir sein Thema liebten.
Willst du auch, dass andere dein Thema so lieben wie du? Dann sprich wie schwarzer Kaffee.
Doch wie kannst du andere mit deinem Sprechen begeistern, auch und gerade wenn du keine extrovertierte Animationsqueen bist?
Hier bekommst du ein paar minimale stimmliche Tricks gezeigt, mit denen du eine völlig andere Wirkung bei deinen Hörern erzeugst. Du wirkst dann eben wie Kaffee: energetisierend.
Viele meiner KundInnen stellen Folgendes fest. Du auch?
A) Du spricht ruhig und gleichmäßig. Sehr flüssig, wie du findest. Sehr entspannt. Doch dann kommt die Rückmeldung: das ist zu monoton.
ODER
B) Du hast selbst schon bemerkt, dass dein Sprechen eher gleichförmig klingt – und weißt nicht, was du dagegen tun sollst, denn so sprichst du nun mal.
Das Problem: Die Wirkung auf deine Hörer gleicht der einer Schlaftablette, mindestens der eines Baldriantees.
Das ist nicht böse gemeint. 😉 (Ich selbst kann andere wunderbar mit meiner Stimme beruhigen.)
Ich finde es unglaublich wichtig, dass wir auch diese Facetten bespielen können. Nur brauchen wir die eher, wenn wir unsere Kinder ins Bett bringen, zugetan mit einer Freundin schwatzen oder eine vertrauensvolle Beziehung zu einem Kunden aufbauen wollen – im Zweiergespräch.
Beim Sprechen vor Gruppen brauchen wir das maximal für das Anleiten von Meditationen in Yogaseminaren. Ist das dein Feld? Dann prima.
Wenn aber dein Ziel lautet: Andere für dein Thema begeistern. Deine Hörer sollen dir gerne zuhören. Sie sollen Spaß und Freude haben, dir gedanklich zu folgen. Du willst potentielle Kunden für dein Thema motivieren. – Dann brauchst du keinen Baldriantee in deiner Stimme!!!
Eine Stimme wie Baldriantee ist kontraproduktiv, wenn du andere mitreißen willst.
Doch hier kommt zum Glück auch schon deine Lösung: Ändere dein Stimmmuster!
Hä? Stimmmuster? Was ist das? Wie soll ich das ändern? Meine Stimme ist nun mal so wie sie ist, wirst du sagen. Ja und Nein.
Ich erklär es dir.
Was meine ich damit? Mit unserer Stimme können wir ganz unterschiedliche Gefühle und Emotionen ausdrücken. Und: unsere Stimme hat Einfluss auf die Befindlichkeit vom Hörer.
Wenn wir bei der Wirkung auf den Hörer ansetzen, dann ist es wichtig zu wissen, dass es zwei extreme Muster gibt, die unterschiedliche Reaktionen auslösen.
Baldriantee auf der einen Seite – purer schwarzer Kaffee auf der Anderen.
Auf der einen Seite haben wir die Fähigkeit Menschen zu beruhigen, einzuschläfern oder in Trancezustände zu führen. Auf der Anderen zu pushen, zu aktivieren zu bewegen.
Stimme, die wie Baldriantee daherkommt (in Fachsprache trophotropes Muster), reizt besonders den Parasympathikus (und da besonders den Vagus-Nerv).
Stimme, die wie schwarzer Kaffee (= ergotropes Muster) wirkt, reizt den Sympathikusnerv:
Natürlich: Es gibt viele Schattierungen zwischen den beiden Extremen. Sagen wir mal: weißer Tee, Grüntee, Schwarztee in allen Schattierungen, Milchkaffee usw. Doch du solltest dir immer bewusst sein:
In welche Richtung tendiert deine Stimme?
Wir alle haben eine Präferenz.
Welche das ist und ob wir damit geboren werden oder ob es anerzogen ist, ist nicht vollkommen geklärt.
Vermutlich wirken (angeborene) eigene Präferenzen sowie Umwelteinflüsse zusammen, so dass sich unser persönliches Lieblingsstimmmuster ausprägt. Und in dem sprechen wir dann eben, solange uns unsere Wirkung nicht bewusst ist.
Was heute schon nachgewiesen ist, ist die Wirkung deiner Stimme auf Andere. Wie sie klingt und wie sie wirkt, dass hängt zusammen.
Überleg dir also gut, wie du wirken willst.
Warum das wirkt?
Stimme ist ansteckend. Diese ansteckende Wirkung heißt in der Fachsprache „funktioneller Nachvollzug“.
Das heißt nichts anderes, als dass ich als Hörer innerlich genau das nachmache, was der Sprecher macht.
Wenn ich bei Nervosität hektisch atme, atmet auch mein Hörer irgendwann hektisch und wird nervös.
Wenn ich sehr entspannt bin und so spreche, wird auch mein Hörer irgendwann sehr entspannt, entspannt mehr und mehr und schweift irgendwann ab.
Verantwortlich für diesen funktionellen Nachvollzug sind die sogenannten Spiegelneurone. Diese werden aktiv, wenn wir in Beziehung treten und das Verhalten (sprechen, atmen usw.) von Anderen wahrnehmen können. Wir simulieren dann in unserem Innern den Spannungszustand unseres Gegenübers. Bei besonders empathischen Menschen, funktioniert das besonders gut.
Du musst mehr von dem aktivierenden Muster einbauen. Stimme wie Kaffee eben:
Das Hauptmerkmal von aktivierenden Stimmmuster ist so:
Mache viele Wechsel in deinem Stimmklang. Vermeide Monotonie.
Wie genau das geht:
Diese Wechsel erzeugen viele und ständige Akzente. Akzente sind wie kleine Minireize im Gehirn – ständige Wachmacher also.
(Der Vollständigkeit halber: Wenn du dagegen beruhigen willst, nutze Gleichförmigkeit und Monotonie in deiner Stimme.)
1. Höre andere Sprecher an und bewerte sie nach folgenden Fragen:
2. Höre eigene Aufnahmen an und schätze dich selbst ein.
3. Frag Andere wie sie dich einschätzen.
Bewerte jeweils nur die Stimme: Versuche Inhalte, eigene thematische Präferenzen, Körpersprache wie Gestiken u.ä. für diese Übungen auszublenden, denn sie können ablenken. Ab Besten geht das mit geschlossenen Augen.
Nimm einen Text deiner Wahl (einen Zeitungsartikel, ein Gedicht, deinen Elevator Pitch …). Sprich ihn zunächst auf eine der beiden extremen Arten (sehr beruhigend oder sehr aktivierend).
Danach auf die andere Art.
Übe das Hin- und Herspringen zwischen den Extremen.
Finde Schattierungen zwischen den Extremen. Mindestens drei, besser fünf oder sieben.
Im Alltag sind Schattierungen häufiger anzutreffen und sinnvoller. Sprich deinen Text in diesen Schattierungen.
Finde raus, welches deine „Heimat“schattierung ist – und welche dir noch gut liegt, um aktivierender als üblich zu klingen.
Wenn du Fragen dazu hast oder Hilfe dabei brauchst, wende dich gerne direkt an mich! (Diese Übungen können je nach Zielsetzung Teil der Arbeit mit meinem KlientInnen sein.)
Du willst, dass andere dir gerne zuhören? Du willst begeistern?
Ein ganz wichtiges Mittel dazu ist deine Stimme. Speziell das Benutzen eines begeisternden Stimmmusters.
Das geht vor allem, indem du viele Wechsel in der Melodie, im Tempo und in der Lautstärke hast.
Das muss man zwar üben, aber man kann es gut erlernen. Starte jetzt damit!
Bildnachweis: „coffee in cup“ by hamik; canva.com
Chris Iglhaut
beim Titel dieses Artikels hatte ich ja gehofft, eine Bestärkung für meine große Liebe Kaffee zu finden.
Aber es kam viel besser:
Wenn ich bald meine Video-Trainings für mein neues Projekt aufnehme, weiß ich nun, dass ich wegen der Stimme besser auf Kaffee verzichten sollte (ok, das Ziel heiligt die Mittel ;) ).
Und ich habe nun einen Einblick, wie ich meinen Hörer/Zuschauern helfen kann, aufmerksam und frisch bei der Sache zu bleiben - trotz eines für viele doch recht trockenen und schwer aufnehmbaren Themas.
Danke dafür :)
Herzliche Grüße,
Chris
Steffi Schwarzack
danke für deine Bestärkung/ deinen Kommentar. Ich hatte ihn glatt übersehen - aber nun freut es mich umso mehr. Wie waren denn deine Video-Aufnahmen?
Ich hoffe, du hast dich mit einem Kaffee belohnt? (Danach ist immer besser) :)
Liebe Grüße, Steffi
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